Synedrium

Aus ThuleTempel Wissensbuch

Bedeutung

Synedrium, Hebr. Sanhedrin, bedeutet eigentlich einen Sitz oder die Niedersetzung des Richters zum Gerichte. So nannte man das hohe Gericht zu Jerusalem, welches aus einundsiebzig Beisitzern bestand, Synedrium. Die Juden hatten zwei dieser Gerichte: das Synedrium magnum und das Synedrium minus, wozu manche, als das Dritte, auch noch den Consessum Trium rechnen; indessen wollen die Juden nur von zwei Sanhedrins wissen; sonst könnte man das Concilium Sacerdotum und das Concilium Pontificis Maximi auch noch dazu rechnen, weil sie sich bei ihren Zusammenkünften doch auch miteinander niedergesetzt haben werden.

Der große Rat, Legislative und Höchstgericht der Juden

„Der große Rat“, das „Obergericht“, Synedrium magnum, Sanhedrin gedolah, soll nach einigen schon in Ägypten bestanden haben, nach anderen von Mose in der Wüste, und wiederum anderen von den Maccabäern errichtet worden sein. Erstere setzen es aller Wahrscheinlichkeit nach zu früh, und letztere wieder zu spät an; obgleich es bedenklich ist, dass in dem Buche der Richter und der Könige nichts von diesem Rate erwähnt wird, da doch die Juden so oft in Abgötterei verfallen sind. Das Synedrium hat es nicht geahndet, dass die Könige überall nach ihrem Gefallen verfuhren; auch ehe die Könige in Israel eingesetzt wurden und es jedem zu tun frei stand, was er wollte. Dass damals nicht der Levite die Benjamiten vor dem Synedrium verklagt habe, sondern diese Angelegenheit an alle zwölf Stämme habe gelangen lassen, erscheint merkwürdig. Dagegen beziehen sich andere auf Nr. XI, 17, da es eingesetzt worden sein soll, wobei im Jos. XXIV, 1, Jud. II, 7, Psalm CXXII, 5 der Ältesten und Richter erwähnt wird, dass die Schriftgelehrten und Pharisäer auf Moses Stuhle gesessen hätten, während von einer Ablöse desselben nichts zu lesen ist. Man kann es daher beim Alter des großen Rats belassen, obgleich es gewiss Zeiten gab, da er sich nicht zusammenfand, oder von fremder Macht unterdrückt wurde.

Zusammensetzung des großen Rates

Dieser große Rat bestand aus (siebzig oder) einundsiebzig Personen, die meist aus dem Stamme Levi waren, es jedoch nicht ausdrücklich sein mussten. Selbst wenn gar kein Mitglied aus diesem Stamme war, so wurde die Versammlung doch der große Rat genannt. Man verlangte aber, dass die Mitglieder schon Richter in ihren Städten gewesen; dann in dem kleinen Rate zu Jerusalem gesessen, von ehrlicher Abkunft, im Gesetze und anderen Wissenschaften -also etwa in der Medizin, Arithmetik und Astronomie- erfahren sind, und mehrere Sprachen reden, jedoch nicht siebzig Sprachen, wie man angibt, verstehen konnten. Ferner gehörte dazu ein guter Name, keine Leibesgebrechen (sic), die gehörigen Jahre, ein gutes Ansehen, und die erforderliche Beredsamkeit. Das Haupt oder der Präsident der Versammlung hieß Nasi, der immer aus dem Stamme Juda sein sollte, welchem jedoch andere widersprechen; auch war es nicht immer der Gelehrteste und Weiseste der Versammlung, auch nicht immer der Hohepriester, wie einige mutmaßen; denn dieser war oft nicht einmal ein Mitglied dieser Versammlung, sondern man wählte ihn nur, wenn man es für tunlich fand, und er überhaupt ein Mann von ausgezeichneten Kenntnissen war. Auch soll dieser Vorsitzende der Erhalter und Fortpflanzer der Traditionen gewesen sein, und allemal die Stimmen in dem großen Rate gesammelt haben. Auf den Nasi folgte der Afbethdin oder Pater domus Indicii, der jenem zur rechten Hand saß, und ein Mann von außerordentlichen Geistesgaben sein sollte und ein eben so großer Philosoph. Ein solcher Beisitzer befand sich auch in dem kleinen Rate, indessen an Würde weit untergeordnet. Der dritte war Chacham oder Sapiens, als zweiter Beisitzer. Proselyten konnten jedoch niemals Beisitzer werden. Die Mutter musste immer eine Jüdin sein. Der König durfte im großen Rate nicht einmal erscheinen (,um die Richter nicht durch dessen Ansehen zu behindern).

Sobald sich der große Rat versammelte, saßen alle siebzig Personen in einem Halbkreise, der Präsident oder Nasi in der Mitte, mit dem Rücken gegen Abend gekehrt; zur Rechten der Pater domus oder erste Beisitzer, und zur Linken der zweite Beisitzer oder Sapiens, und so fort auf beiden Seiten wechselweise die übrigen Mitglieder nach ihrem Range. An beiden Enden standen die beiden Sekretäre oder Schreiber. Der auf der rechten Seite stehende Sekretär schrieb die Ausführungen der Sprecher, und derjenige auf der linken Seite die der Verurteilten auf. Zur Zeit der Stiftshütte soll dieses Kollegium an dessen Eingange gesessen sein; im ersten Tempel aber in der Fürstenkapelle, im andern aber im Conclav Gazith; bis es vierzig Jahre vor der Zerstörung in die Hütten des Tempels; dann aus dem Tempel in die Stadt, und nach der Zerstörung Jerusalems nach Jafna, Uscha, Sephara, Beth Schearim, Zipporis, und zuletzt nach Tiberias gekommen ist, wo es dann aufgelöst wurde. Präsidenten zählte man darin nach der babylonischen Gefangenschaft sechzehn, von denen der erste Esra, der zweite Simeon der Gerechte, und der letzte Rabban Gamaliel gewesen ist.

Macht über Leben und Tod, auch gegenüber Königen

Der Sanhedrin war eigentlich ein weltliches Gericht. Sobald aber Religionssachen vorkamen, wie im Falle „des verfluchten Hurensohns Jesus von Nazareth“, soll es sich mit der großen Synagoge verbunden haben, obgleich dem Sanhedrin manchmal auch das geistliche Gericht zugeschrieben wird, und dieses kann auch wohl nach dem Verlust der großen Synagoge der Fall gewesen sein. Das Synedrium beschloss Gesetze, urteilte über Krieg und Frieden, über den König und den Hohepriester, nahm die Appellationen (Anfechtungen) von den niedrigen Gerichten an, und es durfte sich ihm niemand widersetzen ohne des Todes zu sein, bis ihm diese Macht von den Römern eingeschränkt wurde. Selbst unter den Juden wurde eingeräumt, dass der große Rat sich irren könne. So kam es, dass Herodes alle Mitglieder des Synedriums bis auf Simeon hinrichten ließ, weil dieses Kollegium ihn ehemals, bevor er König wurde, zum Tode verurteilt hatte, es jedoch ohne die Zustimmung des Landpflegers niemals zur Vollstreckung kam und Herodes sich also rächen konnte.

Seine Sitzungen hielt der Sanhedrin alle Tage vom Morgenopfer an bis zum Abendopfer, außer am Sabbath und an den großen Festen. Um händlungsfähig zu sein, sollten eigentlich alle Mitglieder anwesend sein, doch praktisch sah die Sache anders aus. Bei unbedeutenden Angelegenheiten reichten auch dreiundzwanzig Mitglieder aus.

Nur ein Märchen, welches die Juden selbst erfunden haben sollen, ist aber die Geschichte, dass Mose, als er ein solches Synedrium errichtete, zunächst nicht gewußt hätte, wie er siebzig Mitglieder aus zwölf Stämmen zusammenbringen solle, ohne jemanden zu übervorteilen. Also habe er zweiundsiebzig Zettelchen genommen, für jeden Stamm sechs, und auf siebzig "Saken Senior", auf zwei "Chalak glabrum" geschrieben, und wer diese zwei schwarzen Peter bekam, sei leer ausgegangen.

Gabinius legte noch vier dergleichen Kollegien an, und zwar in Gadara, Amathunte, Jericho und Sephori, wodurch das zu Jerusalem viel verlor. Übrigens erwählte das Synedrium seine Mitglieder selbst, und weihte sie feierlich zum Dienste mit Auflegung der Hände, indem dazu gesprochen wurde: „Siehe, die Hand ist dir aufgelegt, und wird dir Macht geben Gericht zu halten, auch über Leib und Leben.” Sie konnten auch den Hohenpriester hinzunehmen, der dann weder in der Kleidung, noch im Sitze von den anderen verschieden war, sodass ihn auch Paulus Act. XXIII, 5, nicht erkannte, welcher von einem solchem Synedrium zur Geißelung verurteilt wurde.

Der kleine Rat, vor Ort und exekutiv tätig

Der kleine Rat oder Synedrium minus war ein Gericht von dreiundzwanzig Männern, welche Priester, Leviten und andere angesehene Männer waren. Solche kleine Kollegien gab es an allen Orten mit mehr als einhundertundzwanzig Haushalten. Sie urteilten über Geld, Injurien, Mord und Todschlag, Ehebruch, etc.

Prügelstrafe und Folter

Der kleine Rat hatte in seinen Gerichten Ruten, Stöcke, Geißeln, Hörner und Schuhe, in die heißes Pech hineingegossen wurde. Mit den Stöcken oder Röhrchen wurden die Missetäter, die ihre Verbrechen nicht eingestehen wollten, verdroschen, teils bis zum Tode (dies jedoch nur außerhalb des gelobten Landes). Die Schuhe gebrauchte man, wenn jemand die hinterlassene Witwe seines Bruders nicht heiraten wollte und die Hörner zum Bannblasen, wenn jemand aus der Stadt verbannt worden war. Die Gerichtssäle oder Zimmer waren in den Toren der Städte, und das Gericht selbst, der kleine Sanhedrin, versammelte sich zweimal in der Woche, vom Morgenopfer an bis an den Mittag. Die Sitzung geschah im Halbzirkel wie bei dem großen Synedrium, hatte zwei Sekretäre, und auf drei Bänken saßen vor ihnen neunundsechzig Expektanten (Anwärter oder Probemitglieder), von denen der erste jedes Mal in das Synedrium trat, sobald eines der Mitglieder ausgeschieden war. Diese Anwärter hatten keine Stimme im Gerichte und wurden nur bei außerordentlichen Fällen angehört. In Jerusalem gab es nur zwei dieser Gerichte. Eines über dem Berg oder Untertor des Tempels, und das andere über dem Tore Nicanoris; und da man in den Städten oft nicht mit den eigenen Gerichten zufrieden war, so appellierte man zuerst an das erste, dann an das zweite, und zuletzt an das große Synedrium.

Richter und Henker

Man hatte auch noch besondere Beamte, welche die Aufsicht über den Betrieb der Leute auf den Straßen und Märkten hatten, auf die Maße und Gewichte sahen, und in kleineren Fällen Gesetzesübertretungen sogleich bestrafen konnten. Wichtigere Vorfälle zeigten sie beim kleinen Rat an. Sie sollen mit Peitschen und Stöcke bewaffnet gewesen sein, waren aber andererseits angesehene Beamte, die wieder ihre Diener unter sich hatten. Möglicherweise waren es daher diese Untergebenen, welche die Exekutionen durchführten.

Quellen

Johann Georg D. Krünitz: Oekonomische Encyklopädie. 1773

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