Salmanassar-III.-Bruchstücke

Aus ThuleTempel Wissensbuch

Einleitung

Salamanaser III., König von Assyrien, lebte vor rund 2700 Jahren. Seine militärischen Taten sind weitgehend bekannt. Weniger bekannt ist, daß Salamanaser III. (Salman = der Weise) auch umfangreiche politisch-philosophische und religiöse Schriften verfertigte, welche in der berühmten Bibliothek von Alexandria bis zu deren Vernichtung aufbewahrt wurden. So sind heute nur noch einige wenige Bruchstücke davon erhalten.

Text

ERSTES KAPITEL

1.1 Der Herr Assur sprach zu mir, Salamanaser, König und Heerführer, Gesetzgeber und Sachverwalter, und gab mir die Richtschnur.

1.2 So sprach der Herr Assur zu mir, Salamanaser, und sagte, was ich in mir durch seinen Willen deutlich vernahm:

1.3 Ein neues Maß der Dinge des alltäglichen Lebens richte auf, welches zurück zu den Ältesten führt, zur Weisheit der Ahnen. Denn Irrtum droht einzukehren im Lande von Assur und Babylon, wie schon in anderen Ländern der Erdenwelt. Böses Gift träufelt von außen herein, Tschandalim (1) gleich, zersetzend das Blut.

1.4 Gerecht sei gegen alles in wahrhaftigem Maße. Durch Gerechtsein beschützt du dein Volk und alle wahrhaftigen Menschen, alle Völker der Reinheit.

1.5 Gerechtsein das heißt, einenjeden nach seinem Maße zu nehmen. Hoch den Hohen, niedrig den Niedrigen, rein den Reinen, unrein den Unreinen.

1.6 Denn nicht alle, die da Menschen ähneln, sind wahrhaftig Menschen. Bedenke das Wissen der Ahnen. Auch die Tschandalim laufen auf Füßen und können sprechen zuweilen aus dunklen Mäulern. Doch kommen sie in das Land, so vertilge sie wie Ungeziefer; denn einer Seuche gleich bringen sie sonst Schaden über die Völker.

1.7 Andere aber, die deinem Volke verwandt sind, die sollst du nicht mit Krieg überziehen. Denn die Finsteren frohlocken, wenn die Wahren sich gegenseitig umbringen und so dem Übel Platz verschaffen. Nutze die Macht deines Heeres um zu einen und Frieden zu stiften.

1.8 Darum sage ich dir, Salamanaser, du sollst Heere und Flotten ausrüsten und den Weltkreis einnehmen, so weit du vermagst. Bis hin zum Berg in der Mitternacht sende aus, schmiede Gemeinsamkeit aller, denen einunddasselbe Maß gilt.

1.9 So sprach zu mir der Herr Assur im Aufgang der Sonne. Und seinem Wollen gemäß ist mein Wollen. Heere und Flotten will ich ausrüsten, um das Große zu schaffen. In Frieden überall dort, wo unser Maß gilt - mit Krieg aber, wo er notwendig ist. Im Namen Assurs und der Herrin des Himmels.


ZWEITES KAPITEL

2.1 So sprach der Herr Assur zu mir, Salamanaser, König des Reiches, und sagte aus dem Lichte der aufgehenden Sonne:

2.2 In großem Wohlergehen lebt das Volk, welches daheim ist, während das Heer in fernen Ländern kämpft. Und warne dieses Volk, damit es nicht übermütig werde und den Ernst des Daseins vergesse.

2.3 Denn leicht geschieht sonst, daß sie vermeinen, das bloße Wohlergehen sei ihres Lebens Zweck, wenn es den Menschen so wohlergeht; gefährlicher Irrtum, bedrohlicher Trug,

2.4 wenn die Menschen des Volkes da meinen, allzu wichtig zu sein und an sich selber bloß denken, wenn sie da meinen, Vergnüglichkeit über die Wahrhaftigkeit stellen zu können, wenn sie da meinen, nicht anders als die Ungebildeten ihrem Sinn folgen zu dürfen, in welchem der Ungeist des Bösen leicht überhand nimmt.

2.5 Warne das Volk vor dem Irrtum an sich selbst; warne das Volk vor dem Leichtsinn und vor der Selbstgefälligkeit; warne das Volk, damit es nicht in die Irre gehe.

2.6 Denn für einenjeden Tag des Erdenlebens wird es gelten tausendfach Rechenschaft zu geben im nächsten Leben, das nach diesem kommt. (2)

2.7 Jedes lose Wort wird da abgefragt werden und jeder leere Gedanke als Verschwendung erkannt. Und nichts gibt es, was nicht erkannt werden würde - mag es auf Erden auch noch so verschwiegen erscheinen: Es wird erkannt werden dort, wo alles erkannt ist.

2.8 Und schlimm, wer Fluch auf sich lädt, den Fluch, den selbstverfügten, durch falsches Verhalten im Leben. Schrecklich sind die finsteren Welten im Jenseits.

2.9 Darum sage dem Volk, daß es nicht in die Irre gehe; wenn es sich nicht mehr als Schatten der Gottheit versteht, sondern gar wichtig wähnt.

2.10 Nicht Ziel ist euer Erdendasein - sondern Weg.


DRITTES KAPITEL

3.1 Wie mir Ischtar erschien, die Abgesandte des IL, die göttliche, hohe, in der Stunde des Sonnenaufgangs, sich da bildend aus Licht, gestaltannehmend aus der Morgensonne gleisendem Strahl - so will ich euch sagen und schildern, auf daß ihr ein rechtes Bildwerk mir schafft.

3.2 Form nahm an sie aus Licht, feste Form wie ein menschliches Weib, und doch auch von anderer Art, wie Menschenwort es nicht schildern kann. Sanft anzuschauen - und doch auch kühn; zart und zerbrechlich - und doch auch stark; stolz und schön - und doch auch mädchenhaft lieblich. So ist Ischtar anzusehen.

3.3 Hoch ist sie als Weib, nur wenig kleiner als meine Feldherren gewachsen sind. Dabei schmal und sonderbar zart. Kein Mensch, kein Menschenweib, ist von solcher Gestalt. Länglich ist auch ihr Angesicht, fein sind die Linien ihrer Züge. Ihre Augen haben die Farbe wie blankes Gold, in dem dunkles Holz widerspiegelt. Die Lippen ihres Mundes sind wie glühendes Kupfer. Ihre Haut hat ein beinahe farbloses Weiß. Und ein innerliches Leuchten strahlt milde hervor. Kräftig ist das Haar ihres Hauptes, schwer herabfließend bis zu den Knöcheln ihrer Füße von einem einseitig liegenden Scheitel her. Es hat eine Farbe wie blankes Kupfer, in dem der Sand der Wüste sich spiegelt, und ist sehr glänzend.

3.4 So stand vor mir Ischtar, und sie war bekleidet mit einem glatten Gewand von goldener Farbe, das bis zu den Knöcheln ihrer Füße hinabreichte, genau wie ihre Haare. An den Füßen hatte sie spitze Pantoffeln aus goldartigem Stoff, welcher dem des Kleides glich. Um ihren Hals lag ein Geschmeide aus rötlichem Gold, anzuschauen wie aneinandergereihte Blätter der Eiche. Auf dem Haupte trug sie keine Krone noch Schmuck; allein einen goldenen Kamm in ihren Haaren an jener Seite, die gegenüber dem Scheitel lag.

3.5 Und bei all ihrer weibhaften Schönheit war sie doch ganz offenbar kein Weib, sondern ein Wesen von göttlicher Art, das erdhafte Gelüste nicht entfacht, wie [es die] Weiber auf Erden tun. Hohe Heiligkeit strahlte von Ischtar aus, Weisheit und Gnade der Gottheit. So will ich nun haben, daß neue Bildwerke von ihr angefertigt werden.


VIERTES KAPITEL

4.1 An Erkenntnis mehr sandte Ischtar zu mir, meine lichte Herrin. Und so sprach sie zu mir, in meinen Gedanken, mit milder Stimme, wie ich vernahm:

4.2 Vieles betreibst du, bekümmerst dich um das Reich. Dessen Bürde lastet auf dir. Wohl zu schaffen, mühst du dich ab. Dies ist des Königs Los.

4.3 Die Leute des Volkes aber, sie sollen nicht sorgend sich plagen. Was sie erjagen wollen, das flieht sie(3); wessen sie aber bedürfen, das schickt ihnen die göttliche Hand von allein.

4.4 Wer selbst sich bemüht, seinen Vorteil zu mehren, den läßt die Gottheit eben damit allein.

4.5 Wer aber auf die Gottheit vertraut, der empfängt, was er braucht.

4.6 Darum sage den Leuten des Volkes, daß jeder Tag seine eigene Sorge hat. Für diejenigen, die da glauben daran, sorgt die Gottheit. Jene indes, die sich ihrer selbst Herr zu sein wähnen, mögen für sich selber auch sorgen.

4.7 Die Sorge in der Welt liegt für alle Leute des Volkes bei dir, König. Der Gottheit Licht steht deshalb dir bei.


FÜNFTES KAPITEL

5.1 Es sei euch gesagt - und vergeßt es nie -, daß schlimme Zeiten kommen können für die Menschen, im Großen, wie im Kleinen, und daß solches doch nicht Verzweiflung bringen darf,

5.2 denn niemals dürft ihr die Hoffnung verlieren, niemals zweifeln am Sieg des Guten über das Böse,

5.3 nie dürft ihr die Hoffnung verlieren - im Großen nicht und nicht im Kleinen -, denn Hoffnung ist eine mächtige Schwingung; Kräfte der Besserung zieht sie an.


(1): Tschandalim heißt soviel wie "Dunkelköpfige".

(2): Mit dem nächtsten Leben ist hier keine Reinkarnation, sondern das Leben im Jenseits gemeint.

(3): Altsprachlich für "das entflieht ihnen".

Quelle

Causa Nostra